der kosmische Informations-Warteschalter

Die emotionale Intelligenz einer Ameise in einem Schwarm instinktgesteuerter Gleichartiger verursacht einem in relativistischen Termini denkenden Individuum eine an Panik grenzende Angst, oder wie mein verstorbener Opa zu sagen pflegte: hau den Nagel auf den Kopf, dann geht er besser rein!

Ich liebe diese Sentenzen am Beginn von erbaulichen Hollywoodfilmen, in denen jemand eine Schießerei beginnt, wenn er sich an seine Urgroßeltern erinnert - oder auch eine Liaison oder beides. Jedenfalls ist so schon mal das gute Alte mit dem hoffentlich Neuen (Geschehen im Film) verknüpft. ... und der unvermeidliche Untertitel "nach einer wahren Begebenheit" ins Gehirn des Zuschauers gedroschen. Also muss jetzt dieser Untertitel kommen:

nach einer unwahren Begebenheit



Ich wollte was wissen, und das aus verlässlicher Quelle. Das ist in heutigen Zeiten nicht leicht. Also habe ich gut recherchiert. Das Ergebnis war ein Hinweis: du musst zum kosmischen Informationswarteschalter. Dort gibt es jede Information über alles. Ich also dahin. Nun, was soll ich sagen? Der Titel passt. Es ist ein Warteschalter. Mit anderen Worten: man wartet. In einer Schlange. Die Warteschlange ist so lang, dass man ihr Ende nicht sieht. Deshalb weiß man auch nicht, was einen am Ende erwartet. Man fragt sich, während man so wartet, ob sich das Warten auch lohnt. Das tun sie alle, denn alle warten. Es liegt daran, dass so viele warten. Wo viele warten, muss jeder lange warten. Das ist die erste Erkenntnis. Ich sprach mit einem darüber, kurz bevor er das Warten aufgab. Er erklärte mir, dass sich die Schlange nicht bewegt. Offenbar steht ganz vorne einer mit einem unlösbaren Problem.

Man denkt gleich selbst über seine Probleme nach und kommt vielleicht zu dem Schluss, dass sie so problematisch nun auch wieder nicht sind. Und wenn man zu diesem Schluss kommt, dann geht man. So tat es der Herr vor mir. Ich konnte also einen Platz aufrücken. Zumindest für mich bewegte sich also die Schlange. Ich hatte mein erstes Problem gelöst. Eine wichtige Information, wenn man ansteht. Ich dachte mir, dass vielleicht auch die Probleme des nächsten, der da wartet, keine so großen sind, dann hätte sich eine Chance geboten, noch einen Platz aufzurücken. Also fing ich mit ihm zu reden an. Das tat gut, denn so vergeht die Zeit schneller.

Wir redeten über eine Frau. Eine Frau stand hinter mir. Auch sie hatte Probleme. Vor allem hatte sie wenig Zeit. Daher schien sie interessiert, nicht nur meine Probleme zu lösen, sondern gleich die der Leute vor mir. Sie mischte sich sofort ins Gespräch, und gemeinsam konnten wir das Problem des Herrn vor mir lösen. Als sich die Schlange bewegte, kamen noch mehr der Wartenden auf die Idee. Sie fingen an, die Probleme der anderen zu lösen, damit wir alle vorrücken konnten. Eine perfekte Strategie. Denn je mehr Leute beteiligt waren, umso schneller wurden Probleme gelöst, und umso schneller rückte die Schlange vor.

Es war erst zäh, dann wurde es flüssig. Die Kommunikation lief blendend, denn wir alle hatten ja schließlich ein gemeinsames Problem: wir wollten an den Schalter. Da waren natürlich auch welche, die es mit Gewalt versuchten, andere mit Bestechung. Aber alles in allem kamen wir doch am besten gemeinsam voran. So ging es eine ganze Weile. Und hier muss ich sagen, wurde ich selbst zum Problem. Ich hatte nämlich in dem Trubel vergessen, weshalb ich überhaupt anstand. Schlichtweg vergessen. Wahrscheinlich hatte es mit einem fertigen Manuskript zu tun und dem besten Weg, einen Verlag zu finden.

Gut, das war jetzt nicht tragisch, denn bis ganz vorne war es noch weit. Ich hatte Zeit genug, mich zu erinnern. Die Zeit war gut angelegt, denn immer mehr Wartende traten glücklich aus der Schlange und gingen mit ihren Lösungen nach Hause. Sie hatten zwar den Schalter nie erreicht, aber ihre Probleme gelöst. Und so ging es weiter und weiter. Das ganze fing an, Spass zu machen. Es gibt drollige Probleme, ernste, finstere, leichte und sonnige. Manche sind mit einem Fingerschnipp gelöst, andere brauchen wirklich kompetente Beratung. Und wie es der Zufall will, wuchs allmählich doch eine Gruppe zusammen von Leuten, deren eigene Probleme so hartnäckig waren, dass sie in der Schlange blieben. Die waren kompetent.

Es ging also vorwärts, bis dieser eine Moment kam, in dem mein eigenes Problem plötzlich gelöst war. Eigentlich durch Zufall. Es geschah so zufällig, dass ich das Problem gleich nicht mehr erkannte. Ich wusste nicht, warum ich es überhaupt als Problem gesehen hatte, aber ich kannte die Lösung: du musst zum kosmischen Informationswarteschalter. Das ist die Lösung.