Repsol

Auf halber Strecke nach Plasencia hangele ich mich am nächsten Tag von Repsol-Tankstelle zu Repsol-Tankstelle. Nach den Erfahrungen des zurück liegenden Tages bin ich etwas vorsichtig geworden. Nach eins habe ich mich in einem Hostal an der Via de la Plata eingemietet, eine Relaystation am Serviceway der Autovía. Ein Franzose hatte mich kurz vor Erreichen der Bar mit seinem Liegerad überholt. Pierre stammt aus der Bretagne und hat in den zurück liegenden Monaten viertausend Kilometer herunter geschrubbt. Von der Bretagne aus ist er die Küste hinunter zum Camino Francés, dem dann gefolgt nach Santiago, von dort den Camino Portugués bis runter an die Algarve, von Faro über Huelva nach Sevilla, von dort die Via de la Plata wieder hinauf. Bevor mein Französisch halbwegs zurückkehren kann, ist der Pirat der Carretera schon wieder in seinem Liegesitz und strampelt sich nach Plasencia weiter.

Einen anderen Franzosen hatte ich noch in Cañaveral kennen gelernt. Philippe ist mit der Transalp unterwegs. Er allerdings in der Gegenrichtung. Über Richtungen und Ziele habe ich heute nicht nachgedacht, dafür aber sehr gut meinen inneren Rhythmus beobachtet. Im Körper ist eine Menge Potential. Wenn man es allerdings ausschöpft, dann zeigt sich die häßliche Schildkröte wieder am Ende der langgezogenen Carretera, die Angst. Man darf sie nicht beachten, denn sonst verliert man sofort seinen Takt. In diesen Momenten nehme ich von der Umgebung fast nichts mehr wahr. Der Rucksack verformt dann den Rücken und - ja - die Haltung und das Gewicht speisen die Vorstellung, selbst zur Schildkröte zu werden. Auf den Passagen, in denen es gelingt, diese Vorstellungen zu überwinden, läuft es ganz anders. So komme ich in meinem Hostal eher gelöster Stimmung an und denke kaum über weiteres nach, sondern miete mir ein Zimmer und fülle mich mit Wasser auf. Zeit für eine Dusche. Zeit vielleicht auch, mal etwas gutes zu essen.




Aquarell im Durchgang zum Hostal
Tatsächlich wird die Sorge um die nächste Unterkunft zur übermächtigen Konstante, wenn die Temperaturen klettern und der Körper ans Limit gerät. Ich zweifele an meinen Streckenplänen und denke immer öfter darüber nach, einfach der Herde hinterher von einer Wasserstelle zur nächsten zu rennen. Plasencia liegt abseits der Camino-Route und wirft einige Probleme auf, wenn es dort nicht weiter gehen sollte oder das Relief schwierig würde. Aber die Stadt auslassen? Kommt nicht in Frage. Eine grundsätzliche Erwägung kehrt immer wieder zurück: Wozu die Strapazen, wenn die Orte, an die es dich zieht, am Wegrand blieben? Wozu überhaupt das ganze, wenn es zur sportlichen Übung verkommt? Und was, wenn ich irgendwo auf der Strecke bliebe, weil ein Ort nicht hielte, was er vorher versprach? Der Stausee des Tajo war so ein niederschmetterndes Erlebnis. Selbst ein Kamel hätte dort nicht rasten wollen. Ein Foto von der alten Römerbrücke, die dank der Hitze trocken liegt, bleibt als einzige Erinnerung positiv haften, und die Tatsache, dass die Etappe nicht fatal ausging. Eine Freundin schreibt, die Temperaturen sollen sinken. Bald schon. Ich hoffe, sie behält Recht.