finally got drunk
Auf Acid Sein ist praktisch dasselbe wie das, was Heidegger Hermeneutik der Faktizität nennt. 'Es ist nichts, das sich da findet oder finden ließe. Es ist kein Seiendes unter Seiendem, sondern das Sein des Seiendem, das im Seienden anwest.' Ich bin überzeugt, dass Heidegger selbst - manchmal - eine kleine Pille eingeworfen hat, oder zumindest ein ganz klein bißchen am Papier gelutscht. So ging es mir. Ich fand mich in einem Déjà vu des Spiegelbildes von einem Spiegel in einem Spiegel dessen, der die Zeit in lauter Scherben zerschlagen sieht und gleichzeitig weiß, dass es ein unzerbrochenes Ganzes gibt, das er im selben Augenblick sieht. Man nennt das 'Drauf sein' oder 'auf Droge sein', der Zustand, den jeder erlebt und der, je nachdem, welche Sichtweise man sich zu eigen macht, entweder das Ziel des Trips selber darstellt oder die giftigste seiner Nebenwirkungen. Man verwahrlost geistig so rapide, dass das Gehirn aufhört, sich als Ich zu empfinden, Zeit wahr zu nehmen, Zusammenhänge oder sonst welche Kategorien. Dafür kann man in Zungen sprechen, glaubt man jedenfalls, weil man sich, die Vögel, die anderen auf dem Trip und überhaupt jedes belebte und unbelebte Wesen verstehen kann und umgekehrt, nur eben nicht diejenigen einen, die nicht auf dem Trip oder nicht Tier sind, kein Stein und sonstige leblose Materie.
He, dachte ich, ein Trip, der über mehr als drei Stunden läuft, ist eine feine Sache, aber gleich fünfundzwanzig Jahre! Pretty much to much, um das einfach so weg zu stecken. Aber da man ja alle Facetten in solchen Momenten sieht, klang auch wieder die Aussicht verlockend, 25 Jahre jünger zu sein. Und zudem allwissend. He, dachte ich, mein Dad könnte noch leben, und er wäre nicht mein Hund. Doch das ist eine andere Geschichte, denn mal ehrlich, was würde er mir erzählen? Dass Drogen Scheiße sind? Und ich nicht allwissend. Wozu die Zeit zurück drehen, wenn niemand außer dir selbst inzwischen weiter gekommen ist? Genau mein Gefühl, das ich bereits als Vierjähriger hatte: He, was wollen alle die dummen Leute von mir? Und, hey??, warum kann ich nicht richtig reden. Und es ihnen erklären? Warum? Weil du möglicherweise schon damals ... uups ... auf dem Trip gewesen bist. Denn das Universum ist allmächtig. Und die Zeit steht still. Konzentrische Kreise und so. Nikolaus von Kues. Und dann kam die Panik. Wen verwundert's?
Das Verrückte daran: Ich HABE gar keine Drogen genommen. Das ist die gute Nachricht. Und die schlechte: es ändert auch nichts dran, dass ich hier aber sowas von neben der Spur bin. Und das offenbar nicht momentan, sondern seit möglicherweise einem Viertel Jahrhundert. Nö, denke ich, wäre besser, ich HÄTTE was genommen. Wäre besser, ich hätte einen Trip so richtig voll verkackt. Aber nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung. Zumindest nicht sofort.
Das theologische Paradox als philosophisches Phänomen ist eng mit ...
Wir waren dann in Köln. Angesichts der Situation nicht die günstigste Wahl. Wenn man drauf ist, sollte man zu Hause bleiben oder an einem Ort, an dem die mentalen Anforderungen gering genug sind, um sie in der spirituellen Einheit des Nicht-Gedankens bewältigen zu können. Eine Landschaft mit Kühen drin und einer versteckten Parkbank zum Beispiel. Oder ein Fußballspiel, die Innenseite eines Raststellenklos, solche Orte. Ganz falsch ist es, sich dem Frühabendprogramm eines Touristenmagneten auszusetzen. Aber immer noch besser, als weiter auf der Autobahn unterwegs zu sein, dachten wir. Schon allein zum Erhalt der gültigen Fahrlizenz und des Menschenlebens. Eigenen und fremden. Wir saßen also in der Altstadt herum und quatschten Touristen an. Besser sie uns. Doch wenn wir dann zurückquasselten - etwa: Jäh, Mann - wohlüberlegt und mit viertelstündigen Denkpausen durchsetzt, waren sie meistens schon weg. Würde sonstwas geben für jemanden, der einfach nur schweigen kann und diesen herrlichen Grashalm betrachten. Böntzak war mit einer Neuseeländerin zugange. Das fluppt wieder mal, hörte ich ihn sagen. Womöglich hat er es nicht gesagt, aber ich hörte es eben. Über die Einheit der Gedanken habe ich ja schon gesprochen. Und da wusste ich, dass das das Motto des Sommers war. Zumindest das der Leute um uns her. Das fluppt. Es hätte auch mein Motto werden können. Ich versuchte es, aber es ging mir nicht richtig von den Lippen.
Angeblich kann man das Wort Bubbles nicht wütend sagen. Das fluppt ... auch nicht unbedingt. Der Satz hat suggestive Qualitäten, autosuggestive.
Eigentlich geht es bei den Drogen doch darum, den Moment zu erwischen, an dem alle entspannt und niemand zu betrunken ist, um sich gemeinsam richtig wohl zu fühlen. Dieses Gefühl des gemeinsamen chilligen Daseins, das kein Gespräch und keine Handlung braucht. Eine Auszeit nicht mal unter Freunden, eher Menschen, weshalb auch immer vollkommen Fremde beteiligt sind. Ich habe mal erlebt, dass jemand sich auf einem Trip mit einer kleinen dicken Frau verabredet hat, am frühen Morgen nach Neuseeland auszuwandern, um dort Blockhütten zu bauen. Ich bin überzeugt, wenn nur einer von beiden vor dem Abreisetermin halbwegs wieder runter gekommen wäre, hätte er oder sie mit gepackten Koffern vor der Tür gestanden, aber so ist das eben auch meistens. Man macht Riesenpläne und kann sich eine halbe Stunde später an nichts mehr erinnern. Jedenfalls waren beide am nächsten Morgen noch da und versuchten, aus dem Appartement zu kommen, ohne sich dabei gegenseitig zu begegnen.
Das Auto, über das wir hier reden, wenn wir zu rekonstruieren versuchen, wie der Raum zwischen dem ersten Kontakt mit den Drogen und dem Grashalm in Köln auf ein virtuelles Nichts zusammen schrumpfen konnte, das Auto ist kein Kleinwagen, sondern eine Yogaübung. Es gehört Bönne, womit sich eine zweite Frage aufwirft. Die nach dem Fahrer.
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