Hin- und Rückfluch bitte

Wer hat das noch nicht erlebt? Eine Reise an die Algarve soll gebucht werden, doch es sind keine Sitzplätze mehr vorhanden. Die Maschine ist bis auf den hintersten Sitz ausgebucht. Am Reisetag dann die Überraschung: der Flieger ist halb leer. Das Ticket, das man auf die Schnelle ergattern konnte, kostet fünfzehn Mal soviel wie das vom Ruckssacktouristen auf dem Nebensitz. Kerosinzuschlag und Gepäckversicherung denkt man instinktiv darüber nach, zu wie viel Prozent man jetzt den Flug ganz allein finanziert.

Und all die leeren Sitzreihen, die Phantomtouristen in den Urlaub fliegen. Sind die alle krank geworden? Haben sie in letzter Sekunde noch von einem Unglück gehört, das die Airline irgendwo anders erlitten hat? Gab es eine Naturkatastrophe? Ist vielleicht an der Algarve ein Waldbrand ausgebrochen? Das Gehirn sucht instinktiv nach einer Erklärung und für den Sitznachbarn eine Notlüge. Denn man will ja nicht als einziger Trottel dastehen, der die Schnäppchenangebote nicht kennt und daher für fehlende Cleverness redlich bestraft wird.

Naja, eigentlich war das ja ein Geschenk von der Firma. Ich selbst hätte nie soviel Geld ausgelegt. Ausserdem kann man ja auch den echten Kaufpreis noch ein bisschen nach unten korrigieren, eine Notlüge über die Lippen quetschen: das Ticket war bei Kauf vom Ferrari mit drin. Und DER war ein Schnäppchen. Man kann sich auch eine Zeitung über die Augen falten und alles vergessen. Aber ganz lässt es einen dann doch nicht los.

So oder so ähnlich stelle ich mir das vor. Ich gehöre nämlich zu denen, die tatsächlich billig buchen. Und dann nach und nach versteckte Vermittlungs- und Kreditkartengebühren auf den Rechnungen finden, die das Angebot mal eben doppelt so teuer machen. Das ist Usus und lässt sich kaum umschiffen. Die Suchmaschine verspricht 40 Euro, und die Kreditkarte meckert 120 an. Doch zur Ausgangsfrage zurück und dem Mann, der sich die Zeitung über die Augen faltet: wieso sind hier eigentlich alle Plätze leer?

Ja. Das ist so, WEIL es Schnäppchenjäger gibt. Hier wird es kriminell (im übertragenen Sinne zumindest), denn die Plätze konnte man garnicht regulär buchen. Jedenfalls nicht bei der Fluglinie. Die ganze Reihe war geblockt. Für eben jene Billiganbieter, die die Plätze gegen Gebühren weitervermitteln. Und damit sie das können, buchen sie die kostengüstigen Sitzplätze gleich engros. Sie haben ja die Umbucherversicherung, die ihnen gestattet, jederzeit die Bloc-Reservierung wieder aufzugeben.

Das tun sie in letzter Minute und bleiben schadlos dabei. Und die Fluggesellschaft offenbar auch. Und die Versicherung wickelt den Rest ab. Und wir zahlen mit der Buchungsgebühr für das ganze Verfahren. Eine klassische Win-Win-Situation für alle bis auf ... ja: den Kunden. Und die Umwelt. Denn ein halb leerer Flieger kommt nicht mit einem halben Tank aus. Und die Phantomfluggäste sitzen im Auto. Und dieseln unten auf der Autobahn ihren Frust in die Welt. Dafür reibt sich der Vermittler die Finger.

Für das gute Gewissen gibt es sicher noch irgendwo einen Urwald-Button. Baumpatenschaft - natürlich gegen Vermittlungsgebühr. Zumindest mal ist für mich die Frage geklärt, warum so viele Luftkunden nicht in ihre Maschine finden. Und wer das ganze bezahlt. Und schließlich und endlich ist es ja auch besser so, FALLS die Maschine mal abstürzt. Dann war sie wenigstens nicht vollbesetzt. Also, auf an die Algarve! Oder sonstwohin, wo es sonnig ist.