Das Runde in das Eckige
648 Haftanstalten soll es in Deutschland geben. Die Zahl der JVAs ist hier ungeprüft wiedergegeben. Die Qualität der Unterbringung in Michelin zu kategorisieren, sollte den arbeitstechnisch
weniger ausgelasteten Mitbürgern krimineller Stammeszugehörigkeit überlassen bleiben. Mein Vorschlag zur Zusammenarbeit: 648 Exemplare der gutgläubigen Zellenbekenntnisse
hier bestellen und an die 648
Knastbibliotheken spenden. Oder andere an andere. Vom Erlös gehe ich
mit Luuk auf Pilzejagd. Oder investiere in
schwimmende Idealarchitektur. Oder ich schreibe noch was und veröffentliche es
hier. Diesen Roman zum Beispiel [Anfang, erster Au(f/s)zug]:
Wir sitzen also in diesem Auto und rasen durch die Nacht. Der Fahrer, ein robuster Stinker aus dem Süden, reiche Eltern und so, raucht Kette. Jedesmal, wenn er eine Kippe bis auf die Knöchel runter geraucht hat, schnippt er sie auf die Rücksitzbank. Es ist ein Ford. Der kann das ab. Sagt er. Ich drehe mich um und sehe Brandflecken auf dem Polster und merke vorsichtig an, das könne ins Auge gehen. Er darauf erzählt von siebenundsiebzig Jungfrauen, die er am Rücksitz gevögelt hätte. Und hinterher geraucht. Sie. Vermutlich in der Pfeife. Oder er hat sie so hart genagelt, dass da Brandflecken überall … emmm. Ich halte das Maul. Kurz hinter Köln dann das Malheur. Beißender Qualm von hinten. Alphamann greift ins Handschuhfach, zückt Dose um Dose warme Faxe heraus, reißt die Lasche auf und - bumm! - jede Bierdose von einem Filmgeräusch begleitet, fliegen die Bomben nach hinten, um Brände zu löschen. Es riecht jetzt nach einer Mischung aus Schweiß, Alkohol, Qualm, Angst und Versagen: Das ist Krieg, sagt der Fahrer, Krieg gegen die böse Achse. Und schüttelt sich vor Lachen. Die böse Achse ist hinten. Die brauchen wir nicht, weil man muss nach vorne gucken. Immer nur vorwärts, nie zurück. Der Wagen hat hinten seinen Antrieb. Aber die Feinheiten gehen im Schlachtlärm unter. Orientierung und so. Wir drohen uns zu verfahren, wenn wir uns mit Marginalien von der Hinterbank und Bedenkenträgern vorne … und so. Weiter geht’s. Der Rauch wird dichter. Und bei der Gelegenheit Goethe zitiert, der ja bekanntlich auch dichter war, und irgend ein Inhaltsstoff in den Sportzigaretten, von denen noch eine im Fach liegen müsse. Das Fach. Ist keine Ablage im herkömmlichen Sinne. Es ist der Eingang in die Unterwelt. Und ein unerschöpflicher Speicher an Gerätschaften, die ein richtiger Mann (sagen wir: nicht) braucht. Waffen zum Beispiel, abgelaufene Kondome, Telefonkarten aus einer Zeit, als es noch Telefone gab. Und zwei Gasmasken. Endlich reißt er mir die eine aus der Hand und stülpt sich das Gummiding übers Gesicht. Den Grund sieht er im Rückspiegel. Der Qualm von hinten verdichtet sich. Er meint, die Rücklichter seien wohl kaputt. Ich merke mal an, wir sollten vielleicht unser Prozedere überdenken. Zum Beispiel keine Kippen mehr auf den Rücksitz schnippen. Zwei trübe Linsen starren mich hinter dem Gummischädel der Schutzmaske an, das Röhren aus dem Dosenschacht vorm Kinn ein deutliches Lebenszeichen: Darth Vader atmet. Das Starren verkehrt mir die Sinne. Bin ich ein Alien, so weltfremd, mich in dieser akuten Gefahrensituation nicht durch meine eigene Maske schützen zu wollen? Ich versuche, mir das Ding überzuziehen und huste mir irgendwas aus dem Nasenloch. Im Filter hat wohl noch vom letzten Mal ein Zigarettenstummel gesteckt. Immerhin gab es ein letztes Mal. So 68 rum oder andersrum 86? Vielleicht stammte die Haube auch noch aus dem dritten Reich. 16-18? Halt an! huste ich. Und der Fahrer brüllt, während seine Fäuste aufs Lenkrad prügeln: Krieg, Krieg, Krieg …
alles bisherige hier‰