ALLöF WIRD GUT - der diskrete Charme der Bourgeoisie
Vor einiger Zeit habe ich mich selbst mal entschlossen, bürgerlicher zu leben. Ein Haus, einen Baum, einen Sohn zu pflanzen und der Welt ein bisschen was zurück zu geben von dem, was sie mir gab. Nein, das wäre jetzt zynisch. Man muss zufrieden sein mit dem, was man nicht hat. Denn es könnte sonst sein, dass man von dem, was man nicht will, sonst noch mehr erhält. Die Welt ist so reich an schlechten Erfahrungen, dass im Angesicht des Leides nur ein Dummkopf unglücklich sein kann, der das Ausmaß des Übels nicht kennt, das ihm erspart geblieben ist. Wenn dir einer auf die Wange haut, könnten es auch zwei sein, die dir den Arsch versohlen. Und wenn dir einer eine Münze klaut, sei froh, dass du vorher eine hattest. Der Optimismus kommt dann irgendwann ganz von selbst, wenn man erst mal ganz, ganz unten ist. Vor allem intellektuell. Ich werfe mich mit dem Rücken gegen die Tür, aber sie springt nicht auf. Stattdessen rieselt mir Kalk in den Nacken. Dafür zerschellt draußen eine Flasche am Portal und eine versoffene Stimme mault: »Ruhe, da drinnen!«
Nicht dass ich jetzt unnötig lamentieren wollte, aber ich bin eigentlich nur eingesprungen. Ich hab’s nämlich nicht so mit Motorrädern und langen Fahrten über die Autobahn. Ich gehöre nur zu den Typen, die gerade nichts wichtigeres zu tun haben, wenn man sie fragt, und das immer. ⟩Kannst du mal eben⟨ … ist die Präambel der meisten Arbeitsverträge, die ich so eingegangen bin … ⟩wenn du gerade nichts besseres vorhast⟨ … und meistens fehlt am Ende dieser zeitlich und moralisch befristeten Engagements eine verbindliche Vergütungsklausel. Was wiederum dafür sorgt, dass man auch nie was besseres zu tun hat, denn während ich mir im Benefiz Chancen auf was festes eröffne, nutzen die eröffneten Chancen in meiner Abwesenheit andere Leute. Die besser qualifiziert sind, wenn nicht für den Job, dann für das Leben. Auf diese Weise kann man sich erstaunlich lange unter Wasser halten und erstaunlich weite Kreise erfolgreicher Leute am Leben. Der Rohstoff, der so verarbeitet wird, ist nicht Geld sondern Selbstwertgefühl. Das fertige Produkt sieht der Erzeuger naturgemäß nicht.
-- Fortsetzung folgt --
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