Ein Krampf

Was würden eigentlich die Patienten eines Krankenhauses sagen, wenn der Chefarzt bei seiner Visite auf Intensiv erklärte, in der Abteilung gehe es den meisten viel zu gut, sie hätten beim Lamento über ihre Herzkranzgefässe, Hirntumore und Krebsleiden jegliche Initiative verloren? Herr, erbarme dich - oder sowas?

Eiserne Regel im Informationszeitalter: Es ist sehr viel besser, sich nicht darum zu scheren, was Leute sagen, als sich darum zu kümmern, was sie nicht gesagt haben wollen.

Der Kampf gegen die Armut in der Welt wird ja auch nicht von jedem auf die gleiche Weise verstanden. Wenn man gegen zum Beispiel die Gewalt vorgehen will, sucht man sich am besten einen passenden Gewalttäter und geht gewaltsam gegen ihn vor. Wenn man gegen die Armut kämpfen will, sucht man sich also ein paar Arme und ringt sie nieder. Wenn alle Armen der Welt erst weg sind, ist auch die Armut aus der Welt.

Der Bundespräsident ist für zwei Eigenschaften bekannt. Erstens kommt er nicht so gut mit, aber das wollen wir ihm mal nicht übel nehmen. Wenn jemand 275.000 Euro jährlich dafür kriegt, witzige Reden zu halten, braucht er nicht gut in Mathe zu sein, Geschichte oder Soziologie. Zweitens kann er gut personalisieren. An der Uni in München hatten sie ein Computerprogramm. Bei einem Systemfehler suchte es sich wahllos einen User aus und versandte an alle eingelogten Nutzer die Nachricht, dieser sei Schuld. Es ist, möchte ich mal sagen, ein 275.000 – Euro-Sparprogramm.

Ich versuche gerade mal zu überlegen: Wenn die Politik komplett auf ihre Einnahmen verzichten würde, könnte man mit den eingesparten Diäten nicht nur alle 400-Euro-Jobber in Deutschland einschließlich ihrer Sozialabgaben bezahlen, man könnte sogar Lehrer (oder nennen wir sie: Experten) ausbilden, um die Politiker großflächig in Mathe nachzuschulen. Sie könnten innerhalb eines Jahres vielleicht allesamt auf einer guten Vier landen. Manche, wie der Präsident, müssen ja nicht unbedingt versetzt werden. Außer in den Ruhestand. Da kann man sich dann die Schulung sparen.

Eine Sache habe ich in meiner Überlegung übersehen: 'Es geht uns allen zu gut' heißt nicht, dass es uns allen gut geht. Es heißt, dass es uns allen schlechter gehen sollte. Ob UNS in dem Zusammenhang auch wirklich UNS meint? Ich hoffe, ich muss jetzt nicht um meine jährliche Viertelmillion auch noch fürchten ..