ALLöF WIRD GUT - Juristenpoker
»Wo wollten Sie mit dem Auto hin?«
»Nach Marokko, das Licht einfangen. Großes Kino. Freischaffend für den Film.«
»Hm-hm. Videoclips?«
»Nein Breitwand, vielleicht sogar 3-D.«
»Hm-hm. Filmförderung?«
»Low-Budget. Quentin Tarantino-Style. In der Kreisliga sozusagen. Spanische Freunde.«
Eine lange Stille kündigt das Ende der Therapiesitzung an. Der Sauerstoff im Raum ist aufgebraucht. Wir tun erst Mal nichts, würde sie vorschlagen. Fast so, als überließe sie mir die Entscheidung darüber. Es ist genau das, was ich als Laie erwartet hatte. Erst Mal nichts tun ist der übliche Juristenpoker in jedem noch so komplizierten Fall. Erst mal nichts tun, dann all-in und dann bedauern. Die Rechnung ist sicher schon in der Post. Möglicherweise an meine richtige Adresse. Erst mal nichts tun ist auch hinter Gittern das Tagesgeschäft.
»Wie lange, meinen Sie, kann das so gehen? Ich hätte da nämlich noch gewisse Besorgungen zu erledigen. Ich war gerade dabei, ein Motorrad nach …«
»Ja«, sagt sie, während sie ihre Tasche packt, sie wird sich melden. Es kommt aus ihr heraus wie ein lange durchdachter Racheplot für das erste Date, aus dem sie mit exakt der selben Floskel für immer verabschiedet worden ist. Ich denke, es wird nicht schaden, mal den Bestand der hiesigen Bibliothek durchzugehen.
Kaum ist Hana Kattrin weg, sehne ich mich schon danach, unser Gespräch fortzusetzen. Meinetwegen können wir auch über Gelbbauchunken plaudern oder gleichgeschlechtliche Liebe im Alten Testament. Hauptsache, ich entgehe der hypnotischen Wirkung des Fernsehgeräts. Ich schleppe mich am Gemeinschaftsraum vorbei in Richtung Schlafstatt. Meine Klause könnte praktischer gestaltet sein. Das Bett vielleicht auf die andere Seite, das Fenster vergrößern und dann einen Durchbruch zur Küche? Hm. Ich strecke mich auf der Matratze aus und starre auf das, was oben unten ist. Ein Grillrost für ein vollgewichstes Hartschaumkotelett. Nelson Mandela war sicher nicht hier.
-- Fortsetzung folgt --
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