ALLöF WIRD GUT - State of the Art
»Meine Güte, wir tun immer so, als säßen da unten bärtige Grizzlys in ihren Moscheen unter Turbanen und muffigen Kutten und predigten mit grauem Star im blinden Blick den Hass. Vielleicht ist das so, aber modern ist das doch nicht. Ich meine state of the art.«
»State of the Art?«
»Zeitgemäß.«
»Diese Leute leben doch im Mittelalter, oder nicht?«
»Ich meine ja auch zeitgemäßes Mittelalter.«
»Was ist denn zeitgemäß? Klären Sie mich auf.«
Junge Juristinnen zum Brunch aufklären. Eine verlockende Hormonfalle. Ihre Naivität macht mich wuschig. Vielleicht weil sie nur vorgespielt ist, aber trotzdem tief aus dem Bauch der Überzeugung kommt. »Zeitgemäß? Das Kino ist zeitgemäß, zumindest was Hasspredigten angeht. Nur etwas langsam. Immerhin muss man zwei Jahre produzieren, bevor man predigen kann. Hollywood hat die Zeit, die Mittel und die Technik, aber das arabische Kino ist doch, hm, Entwicklungsland. Bis die ihren Propheten verfilmt haben, ist der Fanatismus doch längst verraucht.«
»Und Sie arbeiten für wen?«
»Eine spanische Agentur.«
»Aha, und Sie sind fanatischer Cineast.«
»Hm.« Im Sinne eines Luc Besson vielleicht schon.
»Und predigen Hass im Kino?«
»Ich mache nur die Schnittchen. Besorge Requisiten, schreibe Drehbücher um und krieche Regisseuren in den Arsch. Film ist Mühsal. Jedenfalls bis zu dem Moment, wo er in die Kinos kommt.«
»Und das dauert Ihnen zu lange? Sie bevorzugen Action. Es geht Ihnen nicht schnell genug? Die Botschaften zu verbreiten?«
»Mir? Ich sehe das technisch. Das Kino ist kein Instant-Medium. Für Revolten viel zu langsam.«
»Revolten?«
»Flächenbrände legt man heute anders als zur Zeit von Leni Rieffenstahl, das geht heute alles mit Lichtgeschwindigkeit. Videoclips, Hashtags, Posts. Terroristen arbeiten doch längst elektronisch. Ich würde mir jedenfalls keinen Bart wachsen lassen, Sandalen anziehen und mir die Augen über dem Koran verderben, um zum Dschihad aufzurufen. Mein Gott, wie dämlich muss man sein, sich als Taliban einen Bunker zu bauen, nur damit die Amis was zum Zerbomben haben?«
Hört sie mir zu?: »In einem Land, das praktisch nur aus Höhlen besteht?« Jetzt weiß ichs: Sie malt ein Daumenkino.
Wie ich es machen würde? fragt sie, ohne den Blick zu heben.
»Ich schnappe mir ein Handy und …«
… naja, vielleicht sollte ich doch Ihren Rat beherzigen. Und einfach die Klappe halten, wenn man mich fragt.
-- Fortsetzung folgt --
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