ALLöF WIRD GUT - Glaubensfragen

»Sind Sie Mohammedaner?« fragt die Anwältin mich.
»Nein.«
»Welchem Glauben gehören Sie denn an?«
»Ich bin Cineast.«
»Wes?«
»Kino, Film, Movie, Kintopp. Die Leinwand, das sind unsere Götter. Sie leiden, leben, lieben, lernen, sterben und sind und bleiben doch unberührt. Sie sind unsterblich, allmächtig, ideal. Wir singen und tanzen und haben Propheten, Heilige, Satane und sprechende Katzen … ALLöF WIRD GUT ...
... auch das mit den Zähnen:

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Kino ist die einzig wahre Religion. Götter, die man sehen, aber nicht anfassen kann. Das Ideal des Menschen im Guten wie im Bösen. Wir schauen zu ihnen buchstäblich auf. Allmacht. Das war schon bei den Griechen so. Nur haben die ihre Filme noch mit der Leier im Arm vorgeführt. Zeus und Olympia, das ist Hollywood und Cannes.«
»Und Sie leben in Cannes?«
»Nein, im Hanfbachtal.«
»Dann gehen Sie also ins Kino beten?«
Einen Moment lang überlege ich, ob Hana Kattrin und die Anwaltskammer Zugriff auf Gottes Register der Gerechten hat. Arabisch für Register soll ja angeblich Al-Qaida heißen. Will sie mich jetzt aus lauter Behördenfrust direkt an höchster Stelle suchen lassen? »Nein«, sage ich, »im Kino glotze ich nach vorn und esse Popcorn, in der Moschee spiele ich freitags immer Badminton, und wenn ich mal vom Zehnmeterbrett köppern will, fahre ich zum Dom.« Und dann im Bass: »Es ist viel einfacher, als Sie denken: ich bin Atheist. Oder sagt man Agnostiker? Das liegt in der Familie. Mein Hund war Frührentner. Er hatte Blasphemie. Ich habe mich da wohl irgendwie angesteckt. Der Kerl ist tot. Echte Freunde sind halt nur geliehen. Ich glaube an gar nichts.«
»Meine Güte, wenn das stimmt, dann sind Sie unschuldig. Aber wenn Sie unschuldig sind, dann sind Sie gefährlich. Dann hilft Ihnen nicht mal mehr Gott. Welcher auch immer, denn Sie haben ja keinen. An Blasphemie gestorben! Da sieht man mal wieder, wie gefährlich das Leben ist«, war meine Vorstellung von dem, was sie sagen würde. Ich las es aus ihrem Gesicht ab. Ein weiter Weg für die Stimme der Seele bis hinab in die Kehle, ein Zucken im Hals deutete eine gewichtige Antwort an. Tatsächlich fiel die Antwort aber sehr viel profaner aus: »Wir plädieren am besten auf Unzurechnungsfähigkeit.«

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