ALLöF WIRD GUT - Beweislast
Einwohnermeldeamt, trockene Kakteen, Plastikstühle und Kindermalhefte, kurzum: verschwendete Lebensechtzeit. Mein Haftgrund ist also nicht irgendein Gesetzesverstoß. Mein Haftgrund ist der fehlende Identitätsnachweis. Andernfalls könnte ich draußen bei einem kühlen Bier auf die Prozesseröffnung warten. Gelassen, wie man so schön sagt. Und Scheiß auf überladene Autos!
Und daher reden wir an diesem verspäteten Sonntagmorgen auch nicht über meine kriminelle Vergangenheit oder aktuelle Taten, wir reden über Geburts- und Familiennamen, tauschen Adressen und Telefonnummern aus, wie man das bei einem ersten Date so macht. Da man mir nicht glaubt, der zu sein, der ich bin, könnte ich mich der Strafverfolgung unter falschem oder je nachdem sogar richtigem Namen entziehen. Ich bin nicht integriert in irgendwas, Fremder im eigenen Bett, ich kenne meine Nachbarn kaum und sie nicht mich, und wer nicht wenigstens ein paar hartnäckige Feinde hinterm Gartenzaun hat, der hat auch keine Freunde.
Das ist das Problem, wenn man zurückgezogen lebt und viel im Ausland ist. Auch sonst ist meine Person nicht besonders schillernd. Aber Araber bin ich nicht. »Beweisen Sie es!« fordert mich Hana auf. Gut, denke ich, »fragen Sie mich, was auf Arabisch Mutter heißt!«
Sie legt den Kopf schief und verknittert ihre Lippen: »Was heißt auf Arabisch Mutter?« leiert sie herunter.
»Ich weiß es nicht, sehen Sie?«
Kein Beweis. Ich muss zugeben, ich nehme die ganze Sache nicht ernst. Neuer Versuch: »Dann fragen Sie mal einen Araber, was in Deutsch eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte ist.«
Kein Araber zur Hand. Aber ich kenne das Wort, ein Araber sicher nicht. Ausgeschlossenes Gegenteil. Tertium non datur.
Kein Beweis. »Dann fragen Sie einfach einen Richter, was unzulässige Beweislastumkehr bedeutet!«
Seufzer. »Ich glaube, ich ahne, warum Sie nicht viele Freunde haben.«
-- Fortsetzung folgt --
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