ALLöF WIRD GUT - Abschiebehaft
[Was bisher geschah - Quickie:] Safi Raid ist nicht Safi Raid, soviel ist klar. Ihm selbst jedenfalls. Der Mann mit dem Motorrad im Kofferraum wollte eigentlich nur auf die Autobahn, als der Zoll auftauchte. Jetzt sitzt er in U-Haft ein. Hana Kattrin soll die Wende im Dilemma um die falsche Identität bringen: die Pflichtverteidigerin schmeißt sich richtig ins Zeug [Film ab!]:
Das eigentliche Problem des Wochenendes scheint demnach nicht ein Kofferraum voller Hehlerware zu sein, ein Auto ohne Besitzer oder ein geplantes Trunksuchtsvergehen, sondern das Casting für einen Film, in dem die Hauptrolle noch nicht besetzt ist. Dem Umfang der Akte zufolge, ist die Agentur schon eine ganze Weile dabei, diesen Missstand aufzuheben. Und ich passe wohl irgendwie ins Schema, weil ich gerade keine Ausweise bei mir trage. Also eine Verwechslung? »Machen wir es doch andersherum«, schlage ich vor: »Sagen Sie mir, wer dieser Safi Raid denn ist! Vielleicht kommen wir so weiter.«
»Sie sind es also nicht?« antwortet sie stattdessen bockig. Irgendwem scheint es nicht gepasst zu haben, dass jemand, der doch offenbar so unschuldig ist, noch nachts am Wochenende Anwälte ins Haus rufen muss. »Was die belastenden Gesamtumstände …«, und dann spult sie den Rest der Akte als Daumenkino runter und vollendet den Satz mit einem Gesichtsausdruck, der mich wieder an einen rosa Kühlschrank erinnert, »… nicht eben kompensiert.« Das ist gut Deutsch für: Irgendwas wird er schon verbrochen haben. Und das kriegen wir, wenn wir ein bisschen zusammen arbeiten, sicherlich noch vor dem Mittagessen heraus.
Nach dieser ernüchternden Aufklärungskampagne nimmt meine Anwältin wieder ihre Menschenfresserhaltung ein, und ich frage mich, ob sie tatsächlich meine Anwältin ist oder nur ein geschickt getarnter Staatsanwalt. Jedenfalls hat die Gegenseite die besseren Argumente, mehr Zeit und mehr Papier. Hana fragt, ob die Lücke im Identitätsgerangel vielleicht Angehörige oder Freunde von mir schließen könnten. Die emotionale wie die mit meiner Glaubwürdigkeit. Als ich ihr direkt mal keine Namen von Freunden nennen kann, liest sie mir daher kurzentschlossen eine Liste vor von anderen, zu denen ich ganz spontan etwas sagen könne, was mir gerade einfällt. Vielleicht sind das ja meine Freunde?
Wir setzen uns also beide auf unseren Stühlchen gerade und konzentrieren uns auf das, was auf einem Blatt Papier in ihren Akten steht. »Mohamed al Suqq, Musafed Ibn Sahiri, Zacharja Ben Benaissi, Saraph Amhamed Hasumhi, …«
Kopfschütteln meinerseits. Der verbale Rorschachtest stürzt uns in die nächste Krise. Nicht nur hat sie erkennbar Schwierigkeiten, die Namen abzulesen. Ich habe die gleichen Schwierigkeiten, die Namen zu verstehen. Würde sagen, sie stammen im Großen und Ganzen aus dem arabisch-islamischen Raum … und dann fiel mir so rückblickend in Erinnerung an unser Fernsehzimmer der durchweg doch etwas dunklere Hauttyp meiner Mithäftlinge auf. Und mir brennt dieser giftige Sachverhalt der nicht feststellbaren Identität hinter der Stirn und schließlich kommt mir das böse A-Wort über die Lippen: Abschiebeh...?
-- Fortsetzung folgt --
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