ALLöF WIRD GUT - Plan ⟩B⟨
»Wo willst du noch mal mit dem Moped hin?« erkundigt sich Simon bei seiner Bierdose und rührt gleichzeitig mit der freien Hand in unserer Fundgrube. Ich hatte ganz spontan die Idee, jetzt doch mal Wolodja anzurufen. Gut, es war vier Uhr nachts, aber das tut nichts zur Sache. Spontane Ideen sind meistens nicht bis ins letzte durchdacht. Corolla übern Jordan, mit dem Sprinter wieder zurück, kann man vor Morgengrauen wieder zur Stelle sein. Jordan ist hier der Rhein und Sprinter ein heißes Versprechen aus Blech. Im Ergebnis absehbar: Mein Vorhaben scheitert sofort an der ersten Hürde. Akku leer.
Plan ⟩B⟨ ist nur eine Charakterschwäche, Plan ⟩C⟨ allerdings eine Gletscherspalte. Ich hab schon ein Ladegerät, aber ich benutze es nie. Ein Smartphone der allerletzten Generation mit leeren Akkus bei sich zu tragen, nenne ich digitale Freiheit. Das ist fast wie früher, wo man gar keins hatte, weil es noch keine gab. Das Paradies. Simon hat natürlich auch nichts zum Telefonieren. Aus Sparsamkeit, sonst könnte sich ja einer sein Handy leihen. In Situationen wie dieser zum Beispiel. »Ha-ha-ha-ha-ha«, lacht er, während ich noch mit meiner bürgerlichen Begriffsstutzigkeit zu kämpfen hatte, dass Kommunikation nunmal mit Unannehmlichkeiten verbunden ist. Strom und so. Ich wusste nicht mal, wem Wolodja und Simon ihre jeweiligen Versprechen gegeben hatten, die jeweiligen Fahrzeuge vor die Tür zu stellen. Schlechte Karten in einem Poker, der morgens um vier am düstersten Ort der Welt ausgetragen wird. Kein Empfang auf ganzer Linie. Was tun?
Das Herz an der Kette, Schlüssel, Biwaksack und Bier, kann ich mich auf das Naheliegende nicht konzentrieren. Moped ins Auto, Auto zurück, Biwaksack ausladen, Wolodja ansteuern? Biwaksack raus, Moped rein und ab auf die Bahn? Ohne alles zum Palast der alten Autos und Plastikherzen? Vielleicht war die Rasade Wodka zwischendurch doch leicht overdone. Mein Gehirn schwamm in Alkohol statt Zuversicht. Eine Rasade nennt das rheinrussische Lexikon bis zum Überlaufen volle Gläser, die man sich in einem Zug in die Kehle stürzt. Es bleiben auf den Pinnchen nur zwei schwarze Fingerabdrücke zurück, über deren Beweiskraft ich mir gerade, im Schimmer der Laterne, Gedanken mache.
»Ha-ha-ha-ha-ha«, lacht Simon, während ich mich noch anderweitig beschäftigt halte. Mit der Frage zum Beispiel, wo mein Führerschein ist. Und wie lange unter Alkoholeinfluss noch gültig. Für Simon sind Chemikalien Alltagsgeschäft. Wenn er nicht gerade Benzin aus einem Tank saugt, dann sicher Motoröl aus einer frischen Wunde. Auch Simon hat russisches Blut. Allerdings in starker Verdünnung. Ich glaube, das trifft auf alle Autohändler zu. Auch die vom hinteren Ende der Nahrungskette. »Handys«, sagt Simon schließlich, »haben wir genug.« Und dann ...
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