überirdische Fracht
Das Robert-Koch-Institut rät, in die Armbeuge zu husten. Normalerweise treffen beim Husten die Erreger auf die feuchte Hand, kleben dort fest und warten auf die nächste Türklinke. Aufzugsknöpfe, Treppengeländer, Einkaufswagen ... wenn nicht wie in vergangenen Zeiten die Klimaanlage im Mallebomber (Mayday: Nikki am Boden) oder (Rauchverbot) das Schulklo, ÖPNV und Kino, dann muss heute möglicherweise der Weihnachtsmann die Arbeit erledigen und die Viren im United Parcel - Schlitten um die Welt befördern.
Vor Jahren noch gingen die Infektionsraten nach kurzer Inkubationszeit am Anfang des Januar deutlich in die Höhe. Festessen und Absturz, Alkohol und seine Folgen. Die Feiertage waren auch Feiertage für unsere Mikroben. Doch dieses Jahr ist alles anders. Schon vor Weihnachten schnellen die Zahlen der Infizierten in die Höhe und die Praxen der Ärzte sind voll. Husten, Schnaufen, Stöhnen in den Wartezimmern. Hat es mit Oumuamua zu tun, dem Raumschiff der Aussersolaren, die im Oktober elegant an der Erde vorbei schrammten, um möglichst viele Daten über uns zu sammeln?
Unbemannt aller Wahrscheinlichkeit nach und damit wohl nicht der Herd der Infektion. Es sei denn, die Sonde wäre nicht in der Waschanlage gewesen und somit verunreinigt. Vielleicht doch eher hausgemacht, die Sache? Der Rhythmus der Epidemien richtet sich allem Anschein nach stark nach dem Wetter. Zugvögel bilden in ihren warm-feuchten Rückzugsgebieten natürliche Pools, in denen die Grippewellen der nächsten Saison ausgebrütet werden. Dann brechen sie mit ihrer Fracht in alle Welt auf. Gingen so die Saurier zu Grunde? Durch vermehrte Reisetätigkeit im Winter?
Dieses Jahr sind die Vögel spät aufgebrochen. Die Klimakatastrophe macht es möglich, dass manch ein Tier lieber bleibt als geht. Und somit müsste sich das Unheil doch (Glück im Unglück) wieder vorteilhaft auswirken. Zumindest auf unsere Gesundheit. Aber auch die Mikroben sind Zugvögel, und auch sie brauchen gewisse Bedingungen. Möglicherweise sind auch unter ihnen welche, die sich nicht entschließen können, in den Süden abzureisen, weil es hier doch so gemütlich ist.
Das Gerotze und Gehotze jedenfalls nimmt zu und die LED-Weihnachtsbäume in den Vorgärten halten nur schwach dagegen. Wind, Sturm, Regen, vereinzelte Schneeoasen und Temperaturen, die nach dem abendlich aufgesagten Gedicht der Meteorologen für die Jahreszeit im Durchschnitt zu mild sind, scheinen den Mikroben in unseren Lungen zu gefallen, und so feiern sie ihre Feste darin eben mal vier Wochen früher als sonst.
Warum ich das erwähne? Weil es vielleicht mal eine gute Gelegenheit ist (zum Glück ein Unglück im Ununglück), mal ein gutes Buch zu lesen. Ich lese William Boyd, The Blue Afternoon. Aber auch ein
Fiedler soll um die Jahreszeit nicht schlecht sein ...
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