Schnuppe
14. November 2017 gegen 18:45. Am Himmel über Deutschland leuchtet ein Licht auf und vergeht, wie es kam. Die Nachrichten melden einen Meteoriten. Genau gesagt, melden die Nachrichten je nach Länderkennung eine Erscheinung über Bayern, einen hessischen Meteor, eine saarländische Sternschnuppe. Jedem gehört das Ding, das da durch den Himmel rast. Nur die Kirche war mal wieder zu spät, oder der Meteor zu früh. Noch sieben Wochen bis Weihnachten, die PR wäre großartig gewesen.
Doch etwas wirkt verstörend bei dem Ereignis. Zum ersten die seltsame Bogenlinie, als sei das Ding vertikal eine Parabel abgeflogen, zum zweiten die gering erscheinende Substanz und zum dritten die fehlende Schallkulisse. Man hatte den Eindruck, es müsse lauter sein und länger und die Bahn geradliniger. Aber man ist ja kein Astronom. Das alles müsse anders sein, wenn es sich um eine der berüchtigten Leoniden handele. Vor allem die Tageszeit.
Die Leoniden sind nämlich solche Ereignisse, die aus dem Sternbild des Löwen stammen und Bruchstücke aus dem All zur Erde befördern. Alljährlich um die nämliche Zeit. Das ist bekannt. Heißt es. Aber eben nicht abends um sieben, sondern morgens um sechs.
Astronomen sammeln die Restdaten zusammen von Beobachtern und Kameraaufnahmen. Da ist dann von Trajektorien die Rede. Trajektorien sind die auf den Boden projizierten Linien des Flugverlaufs. Und da geht es los: nämlich an einem Luftwaffenstützpunkt bei Bamberg in Bayern. Anwohner berichten, es sei Mitte Oktober dort eine Nordkoreanische Lieferung eingetroffen mit Symbolen und Trara und der Erklärung des Bürgermeisters, man sei auf dem Weg nach Brüssel. Auf einem guten Weg insgesamt.
Kryptische Formulierung, die sich erst im Nachhinein erschließt, wenn man die Trajektorie weiter verfolgt und siehe da, sie zeigt aber sowas von exakt in Europas Verwaltungszentrum, da lässt die Maus der Katze keinen Faden ab. Gleichzeitig ein Artikel in der ⟩ZEIT⟨, dass ein gewisser Herr Hans Koenigsmann in Amerika Raketen baut (neueste Entwicklung: die Falcon Heavy). Er will zum Mars. Und Seehofer?
Möglicherweise raus aus der EU. Die bayerischen Separatisten, heißt es, nutzten schon einmal verwegen die Gunst der Stunde, um im Fahrwasser Kataloniens auf eigene Wünsche hinzuweisen und die Hochtechnologie aus dem Freistaat, mit der diese Wege beschritten werden. Könnten. Der Mars ist unser. Und was die ESA kann, können wir schon lange. Und Bayern autonom. Atomar und technologisch und Überhaupts.
Eine Trägerrakete also aus dem Freistaat im Joint-Venture mit koreanischen Partnern entwickelt und zur Probe auf Belgien abgefeuert? Das ganze klingt wie ein Märchen. Im Interview sagt Koenigsmann: ⟩Diese Rakete hingegen verschwand einfach. Und sie war nicht etwa die erste oder die zweite, sondern die zwanzigste.⟨ (Er sagt dies an anderer Stelle, aber das soll nicht hindern, einfach mal darauf hin zu deuten).
Das Märchen aus der 14. Novembernacht also schlicht und ergreifend Nummer 21? Klar, dass sich öffentliche Stellen darüber bedeckt halten. Es war sicher kein Raketentest, sagen die einen, und es war sicher keiner von uns, sagen die anderen, und wenn, dann war er sicher nicht erfolgreich, sagen die dritten. Und Bayern verzichtet als einziges überflogenes Land auf die Eigentumsrechte an der Sternschnuppe und erklärt, es sei vermutlich eine Himmelserscheinung gewesen, etwas meteorologisches.
Was sicher ist: Seit längerer Zeit ist die europäische Hauptstadt gegen derartige Attacken wirksam geschützt durch einen nahezu unüberwindlichen Abwehrwall. Er ist nur Insidern bekannt und nennt sich R0, der Grote Ring. Aber bis dahin reichte der technologische Fortschritt aus Süddeutschland nicht. Doch wo ist der Fernostschrott dann herunter gekommen? Und was war im Gefechtskopf? Nun, als Beobachter tippe ich auf den Koblenzer Raum, Rhein-Mosel-Dreieck. Und im Gefechtskopf vermute ich die binäre Massenvernichtungswaffe, in deren Produktion die Bayern weltweit führend sind: Weißwurst und Bier.
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