tote Katze
Ist ja auch schon merkwürdig. Aber der Katzenkrimi scheint mancherorts Realität zu sein. Die einen arbeiten mit Volldampf daran, die Welt mit Katzen zu füllen, die anderen ersinnen Strategien, um den Schaden zu begrenzen. In der Regel bedeutet Tierliebe im Hauskatzenreich, morgens die Tür zu öffnen, damit sie geht, und sich abends zu freuen, wenn sie mit vollem Bauch zurück kehrt. Der Rhythmus kann auch versetzt sein, denn die Feliden sind ja Nachtaktive. Die weniger ansehnlichen Geschäfte der Freunde auf vier Pfoten erledigen die zottigen Geister dann anderswo. Werfen, kacken, Tauben köpfen. Und abends schnurren sie dann wieder friedlich auf dem Sofa. Mancher liebt das.
Die anderen sind die Katzenhasser. Die mit grünem Antlitz das Eimerchen im Garten schwingen und Katzenkot aus den Mohrrüben ziehen. Die nachts mit dem Besenstiel unters Dach hämmern, damit die Kater dort aufhören, die Nachbarkatze zu prügeln. Die sich über stets frisch stinkenden Urin am Briefkasten ärgern und tote Singvögel vom Rasen klauben. Die genauer über den Aufenthalt der fünfhundert Katzen im Ort informiert sind als die Halter der Tiere. Bei denen, um es kurz zu machen, sich die Tiere wohlfühlen, wenn zu Hause die Wohnungstür hermetisch geschlossen bleibt.
Und dann gibt es die Verrückten. Die Schlingen aufstellen, Fuchsfallen vor ihren Hühnerställen installieren. Denen kein Schlenker mit dem Auto zu weit ist, um noch die eine oder andere unvorsichtige vierbeinige Fußgängerin am Straßenrand mitzunehmen ins Reich der ewigen Ruhe. Und für diese Verrückten wieder gibt es Gegenverrückte, die elektronische Halsbänder schaffen und Chips mit Wahrsagefunktion, um letzte Orte zu ermitteln, an denen Katzen ihr Ende finden. Und es gibt geweihten Boden, auf dem sie ihren Anfang finden. Auffangstationen, in denen Katzenbabys schon kastriert werden. Und es gibt eben auch im Internet die Austauschforen über den letzten Verbleib. Ich kannte mal einen, der führte seine Katze am Halsband herum. Der Mann wurde stets belächelt.
Beim Thema Katze scheidet sich auch der Hund. Es gibt solche, die sofort zubeißen, und aus ist die Maus. Andere bellen prächtig. Wieder andere sehen in beidem keinen Grund. Warum Katzen so divergente Wesen sind, steht in den Sternen. Wenn nicht in menschlicher Wahrnehmungsweise. Die Katze nämlich ist eine der stärksten Identifikatoren menschlicher Seelenzustände. Des Unbewussten, wenn man so will. Der Triebe, Wünsche, Stärken und Schwächen, des Latenten, das wir verdrängen oder zu verdrängen wünschen, oder das wir sichtbar machen wollen, damit es der Nachbar doch bitteschön auch erkennt. Nur ist es eben mit diesem wie mit allen Symbolen, über die man sich vorher nicht einig ist. Wie mit dem Daumen, der in manchen Ländern Anhaltern helfen und in anderen derb beleidigen soll.
So gibt es unter den Tierfreunden die Hunde- und die Katzentypen. Und unter den Katzentypen gibt es solche und solche. Manche sind kautzig. Manche sind messy. Manche sind unzuverlässy. Und manche würden sich gern selbst am Samstag abend auf dem Bärenfell vor dem Kamin räkeln. Manche brauchen einfach Schutz vor Mäusen. Manche hätten gern Kinder gehabt. Und manche finden die 400g-Dosengröße praktisch für den Schrank oder können sich Menschenpastete nicht leisten. Im achtzehnten Jahrhundert brauchte man Katzen, um elektrische Funken zu erzeugen. Katzen altern auch nicht. Falten und Runzeln, kaum eine Spur. Sie sind glatt und geschmeidig und irgendwann - ja - tot. Doch dass sie als solche schon käuflich sind, überrascht jetzt ein wenig.
Ich bin ja normalerweise der Typ, den die Katze als solche nicht stört. Wo Katzen sind, ist immer was los. Das ist so eine Erfahrung. Gibt Schriftsteller(innen), die sich daran ergötzen, dass die Tiere ihre halben Romane schreiuwioeürawhaben ... hupps, wieder! Und manche lassen Steine meisseln, auf denen zu lesen ist, dass Mautzi so viel Freude brachte, bis sie versehentlich in die Waschmaschine kam. Die Freundschaften zum Kanarienvogel schreiben Filmgeschichte. Ich bin jetzt nicht unbedingt der Katzentyp, aber die Story von der Kleinen, die durch den Keilriemen ging, als sie sich im Motorraum wärmte, erschreckt mich trotzdem. Sie hat es überlebt, was nun auch wieder ein Klischee bedient.
Was wäre eine Welt ohne Katzen? Nun, zumindest mal das Ende eines profitablen Wirtschaftszweiges. Die Süddeutsche schreibt, dass in den USA 78 Millionen Hunde und 86 Millionen Katzen leben, die so viel CO2 produzieren wie 16 Millionen Kfz. 64 Millionen Tonnen Treibhausgas. Klima- und Tierschutz sind also Antagonisten. Auch ist es bemerkenswert, dass der Welthunger mit einem Schlag beeindet werden könnte - wenn Menschen statt Katzen Menschen füttern würden. Oder verfüttern, aber auch das scheint an manchen Orten gang und gäbe. Der Chinese liebt ja auch zunehmend den Hund außerhalb der Küche. 67 Milliarden Euro setzte die Tierbranche in einem Jahr um. Was so eine tote Katze im Schnitt kostet, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.
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