***nee von gestern

Unser Kunde war Chinese. Es gibt viele Chinesen. Überhaupt sind die meisten Chinesen. Der Mensch ist überwiegend Chinese. Aber in München gab es zu dieser Zeit nicht so viele von ihnen, dass man sich hätte Sorgen machen müssen. Die meisten Chinesen, die wir kannten, waren sogenannte Allyous, was eine Abkürzung für All you can eat - Chinese ist und grundsätzlich eher für ein Geschäftsmodell Pate stand als für die Familienmitglieder, die in den Küchen schuften mussten. Chinesen in Bayern waren so etwas wie John Does in den Staaten. Identitäslos. Der Chinese an sich ist für den Langnasen nur schwer vom anderen zu unterscheiden. Hongkong-Chinesen und Maos liessen sich bis dato noch ganz gut anhand der Kleidung auseinander halten Aber die Gesichtszüge halfen nicht wirklich weiter. Der individuelle Chinese existierte an sich nicht. Und so fiel es auch nicht leicht, einen bestimmten in München zu finden. Zudem schlägt All You Can Eat auf die Hüften, denn was wir auf unserer Suche zu essen bekamen, ist nicht Chinesisch, sondern eher der Bayerische Abklatsch davon. In einen Chinesen bekommt man schon allein der Körpergröße wegen gar nicht so viel rein, wie auf einem Menüteller lag, ein All You Can Eat hätte allen Allyous der kompletten Familie für den ganzen Abend das Maul gestopft. So versteht sich wohl auch umgekehrt, dass die Allyou-Chinesen uns Langnasen, wenn wir sie besuchen kamen, hinter unserem Rücken genauso nannten wie wir sie hinter ihrem: Allyous. Und irgendwie muss ich gestehen, passte es besser. Die Aussprache machte allerdings zwischen Chinesischen und Deutschen Allyous doch noch einen wesentlichen Unterschied. Der Daguogen Allyou hieß mit Nachnamen Cannit, Xing Guo CanEat mit langer letzter Silbe. Müßig, darüber zu spekulieren, wie das ganze im offiziellen Sprachgebrauch zu handhaben war. Ein Bayer ereiferte sich seinerzeit einmal im Fernsehen, man müsse China Kina aussprechen. Wahrscheinlich dachte er an die Kinetik, mit der das Volk der Mitte begabt ist. Der Schinäse wäre falsch. Man sagt ja auch Peking zur Ente und nicht Beijing. Der gutturale Ansatz fand allerdings trotz aller Eleganz der bayerischen Linguistik wenig Verbreitung. Liegt wohl daran, dass die deutsche Sprachpflege dann die Apfelsine in Apfelkine hätte umbenennen müssen und aus systematischen Gründen den spanischen Chico in Kikko.
Knee von gestern.