C'est la canicule
Hitzewelle in Frankreich, Hitzewelle in Europa. 2003 raste eine solche über Frankreich und verwandelte die Meteorologie in eine Mordsmaschine. Hekatomben von Toten, vor allem Ältere fielen der erbarmungslosen Temperatur zum Opfer. Sie trinken zu wenig.
Vorsicht, rät ein Professor für Gesundheit an der Universität von Marseille: Wer einem älteren Menschen zu trinken gibt, der das Wasser nicht braucht, kann ihn ertränken. Denn Senioren transpirieren oft zu wenig, scheiden kaum über die Blase aus. Flüssigkeit ist oft das letzte, was sie brauchen.
Wenn mehr als ein-einhalb Liter nicht reingehen, sollte man über alternative Konzepte nachdenken. Abkühlung, sonst nichts. Das gleiche Problem trifft Babys und Schwangere. Der Mensch ist konzeptionslos angesichts eines Phänomens, das angeblich zu allen Zeiten immer mal so war: zu heiß, zu kalt, zu trocken, zu nass, zu irgendwas.
L'été, les vieux meurent de la canicule chaude et l'hiver de la canicule froide - soll Jérôme Duhamel dazu eingefallen sein, französischer Schriftsteller und Autor von C'était mieux avant (Früher war alles besser): Im Sommer sterben die Alten an den Hundstagen, im Winter an der Hundekälte. Zynisch hätte man auch sagen können: Besser im Schatten als im Winter im Bett.
Caniculares sind die Tage, in denen die Sonne im Großen Hund steht. Canis Major. Russische Sommerferien sollen daher den Namen kanikuly tragen. Wenn der Hund rast, dann tropft sein Speichel als Fatamorgana über das Land, wußten schon die Griechen. Und was tun wir mit unserer überalterten Gesellschaft, wenn die heißen Hunde übers Land hetzen?
Frankreich hat einen Dreistufenplan für die gefährliche Zeit, und der lief schon im Juni an. Der August kommt erst noch. Betroffen nicht nur der Süden, auch in der Umgebung von Paris brennt die Glut der Sonne auf die Menschen herab. Stufe eins tritt automatisch ein, nach Datum geregelt. Erhöhte Wachsamkeit. Stufe zwei setzt das INVS in Gang, l’Institut de veille sanitaire (Gesundheitsamt), wenn die Temperatur an drei aufeinander folgenden Tagen über 31° C liegt. Stufe drei ordnet der Zivilschutz der Regierung an.
Warum Frankreich, sind wir nicht alle betroffen? Nun, weil Sylvie gerade darüber sprach. Frankreich hat es am härtesten erwischt. Neben Portugal, in dem die Wälder lodern.
3.000 Tote schrieb man den zehn heißen Tagen der Hitzewelle von 2003 zu. Als einziger Vergleich hielt seinerzeit die Brut von Chicago her, der 1995 700 Personen in nur drei Tagen zum Opfer gefallen sein sollen. Europaweit forderte die Canicule von 2003 gut 70.000 Todesopfer. Und jetzt ist es wieder soweit. Letzte Woche war in Frankreich der heißeste Tag seit 1945. Auch Spanien hat es getroffen. Granada: 37°, Ourense: 37,6 - am 24. Mai - die Hundstage gehen noch bis zum 23. August! Da kommt was auf uns zu.
‰