Der Durchbruch
Erst im Mai ...
Brit-Malte Orghenstett, attraktive Werbefotografin Mitte dreißig konsultiert wegen einer alltäglichen Sache (Parkrempler) ihren Anwalt und reicht dabei unwillentlich die Scheidung ein. Sie verliebt sich in den galanten Anwalt, überwindet ihre öde Ehe und kommt endlich mit ihren beiden allzu anspruchsvollen Kindern klar. Die Welt wäre absolut glücklich, wäre da nicht Antoine, das bunte Flüchtlingskind, das sie zuvor an ihrer Wahlheimat in Ibiza, in ihrem hundert Jahre alten Strandhaus aufgelesen hat, als sie am traditionellen Fischmarkt, bei dem nur Einheimische einkaufen, frisch gefangenen Bacalao erstehen wollte. Antoine braucht dringend eine Organtransplantation, weil er unter einer seltenen Bluterkrankung leidet, die durch einen gewissenlosen Spritzmittelkonzern verursacht worden ist. Brit-Malte reist auf der Suche nach dem Organ tief in den schwarzen Kontinent, den sie aus ihrer Kindheit kennt, denn sie ist im damaligen Deutsch-Südwestafrika aufgewachsen und hat jeden Tag mit den Hererokindern gespielt. Deshalb nennt man sie noch heute die blonde Massai. Sie verliebt sich in einen arabischen Medikus, der sie in die venezianische Kunstwelt einführt. Der Medikus ist blind und stammt eigentlich aus Lappland, wo er sehr lange in den Winternächten den Gesang der Rentiere studierte. Noch heute singt er Rentierkantaten wie kein zweiter. Er musste vor Stalin nach Arabien fliehen, weil Rentiersingen im Kommunismus verboten war. Der arabische Lappe und der galante Anwalt werben unablässig um die attraktive Mittdreißigerin, indem sie sie in die Welt der Kunst, der Erotik und der feinen Genüsse einführen. Aber erst als Brit-Malte die katastrophalen Zustände in einem Flüchtlingslager in Bucka-Nuq entdeckt, findet sie ihre innere Ruhe in den einfachen Dingen wie Beten, Essen und Füreinander. Es gelingt trotz des Wettstreits der beiden Männer, die um die Gunst der starken Frau kämpfen, gemeinsam das kleine schwarze Kind vor dem sicheren Tod durch sein schadhaftes Blut zu retten, indem das Werbefotografin-Ärzte-Anwalt-Trio nach Katar durchbrennt, wo ein genialer Chirurg künstliches Vampirblut züchtet, das den kleinen Antoine in eine schaurige Bestie verwandelt, aber rettet. Jede Nacht vollzieht sich die Metamorphose, in der Antoines Zähne spitzer werden und er auf allen Vieren nach Lappland galoppiert, um dort dem Gesang der Rentiere zu lauschen. Doch nun schlägt die Stunde des großen Embargos gegen die islamische Welt und die Zieheltern des Kleinen können ihm nicht in die Berge Peschawars folgen und von dort aus nach Lappland, um ihn vor dem sicheren Verderben seiner blutigen Bestimmung retten zu können. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er im Kaukasus von russischen Warlords gefangen genommen, mit dem Schleier vermummt als Kindersoldat zum Kriegsdienst gezwungen werden. Auf der Folie der Ereignisse, die den Ich-erzählenden Anwalt der Toten an seine aktive Zeit im Prag von 1968 erinnern, entwickelt sich eine amouröse Menage-à-Quatre, als Antoine Brit-Malte seine Pubertät vorzulesen beginnt. Wie kann in der eigenen Verwirrtheit die blonde Massai das Drama des Vierzehnjährigen noch einmal aufhalten? Nicht Ohne Antoine ist ein bewegendes Stück Zeitgeist, in dem auch die Kindheitserfahrungen in einer Sekte während der Wendezeit nicht zu kurz kommen sollen.
Mein Agent schickt eine Kiste Champagner zurück. Das Begleitschreiben ist noch nass von Freudentränen: Endlich, schreibt er, hast du deinen eigenen literarischen Weg gefunden.
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