nirgends schöner wie hier

Kuna da Basha fuhr gestern abend noch in der Besorgnis, es könnten ihm über Ostern die Alkoholika ausgehen, zum Liquor-Store nach Quotidienne. Man quert dafür die Grenze. Dem Sheriff gefiel das nicht. Als Kuna den Laden verließ, eine schäbige vergitterte Garage an der Junction Road weit draussen, wo sie auf dem Highway endet, parkte der Sheriff hinter seinem Olds. Es war unmöglich, die Vorräte im Kofferraum zu verstauen. Kuna stellte seine Tragetasche auf dem Dach ab. Dann versuchte er, über den Beifahrersitz in sein Auto zu steigen. Kurz ließ der Sheriff die Sirene an und schaltete sie wieder ab. Es klang, als wollte sie sich selbst auf die Sprünge helfen, euphorisch begonnen und dann abgewürgt. Kuna zog seinen Kopf aus dem Wagen, kniff die Augen zusammen und schob sich die Hand vors Gesicht. Dann blinzelte er zum Wagen des Sheriffs herüber. In diesem Moment fiel drinnen im Liquorstore ein Schuß. Zwei Männer kamen durch die Gittertür, der hintere Bennie. Ihm gehörte die Klitsche. Bennie hinkte, weshalb sein Versuch, dem anderen zu folgen, scheitern musste. Aus Frust darüber schoss er noch eine Ladung in den Himmel. Der Schrot prasselte wenig später wie Regen auf die Platanen. Weiß der Teufel, womit er seine Flinte geladen hatte, und für welchen Zweck. Eine Gelegenheit wie diese hier bot sich selten, denn für gewöhnlich, wenn er seinen Stutzen abfeuerte, dann ging die Sache in die Zimmerdecke. Und kam in Form von Gips wieder herunter. Der Kerl, dem er es heute gezeigt hatte, war Sörensen. Der lungert gern zwischen den Zeitschriften rum. Bennie sagt, er macht sie schmutzig. Ein ewiger Streit zwischen den beiden. Diesmal war Sörensen zu weit gegangen. Hatte das Centerfold herausgeklappt und sich im Laden einen runtergeholt. Soweit Bennie. Soweit der Inhalt dessen, was er in die Mangrovenwälder schrie. Im großen und ganzen. Der Sheriff tastete nach seinem Kaffeebecher. Der Deckel war noch drauf, aber die Suppe hatte den Taupunkt unterschritten. Maddy macht ihn gern heiß, besonders für Pete auf Patrouille, aber am Ende siegt doch die Wärmelehre. Unterm Deckel heiße Tropfen Kondensat. Sie liefen Pete in den Ärmel, als er den Becher aufhebelte. Damit war der Vorfall rund um Sörensen und Bennie vergessen. Hätte Bennie nicht nachgeladen. DAs ist so eine Sache mit Bennie. Manche nennen ihn hartnäckig. Manche sagen, er wäre stur. Vielleicht muss man das auch, um am hinteren zweier verschissener Enden der Junction Road die Nacht in einem vergitterten Hühnerstall durchzustehen, umgeben nur von Sprit und Gummititten. Ostern muss besonders schlimm sein. Es liefen keine Spiele, nur die Nachrichten aus Nam und Korea. Es war immer dasselbe. Irgendwann will man nur noch draufhauen. Egal auf was. Möglicherweise hatte Sörensen Bennie einen Gefallen getan, als er sich am Zeitschriftenregal verging. Immerhin zeigte der Schwede Initiative. Das qualifizierte ihn zu Höherem. Und er war weiß. Das konnte Kuna nicht von sich behaupten. Der dämliche Kerl hausierte mit Sprüchen wie: Ich bin nicht Michael Jackson, ich stehe zu meiner Haut. Bennie schwenkte seine Waffe zu ihm rüber und erkundigte sich, was es auf dieser Seite des Parkplatzes zu sehen gab. Der Sheriff gab sein Vorhaben auf und stülpte den Deckel über den Kaffeebecher. Der Schuss aus Bennies Kanone stanzte ein Sieb in Kunas Beifahrertür. Hoi-hoi-hoi! machte der hinter seinem angeknacksten Schutzschild. Die Tür sah aus wie ein Tastbild für Blinde. Man konnte mit etwas Phantasie den Sternenhimmel von Quotidienne darin erkennen. Zu Ostern. Wenn man sich die Wolken wegdachte, musste es ungefähr so sein. Jetzt ließ der Sheriff seine Sirene an und wuchtete sich aus dem Wagen. Bennie, schrie er, mach dass du in deinen Laden kommst! Bennie maulte sich tatsächlich bereits durch seine Fliegentür. Kuna steckte seinen Mittelfinger in ein münzgroßes Loch seiner Hose. Der Tunnel ging hinter der Hose in seinem Bein weiter. Als der Sheriff zu ihm stieß, hatte Kuna einen blutigen Splitter in der Hand. Er schob ihn mit dem Zeigefinger der anderen über seinen Handteller. Das Bild erinnerte an den Trucker, der eine Feuerwanze in Maddys Gurkensalat gefunden hatte. Wenn es tot ist, kannst du die Gurken noch essen, hatte sie ihm gesagt. Die Viecher sind chemische Keulen, wenn sie noch leben. Der hier war eindeutig tot. Ein Splitter aus der Tür. Eisen, wie es schien, oder Aluminium. Wahrscheinlich vom Lautsprecher, mutmaßte Kuna. Pete fragte ihn, wozu er einen Lautsprecher bräuchte. Ich lerne Französisch, gab Kuna zu. Das läuft im Radio, willst du mal hören? Pete schüttelte den Kopf: Wanderst du jetzt nach Kanada aus? In Bennies Laden fiel noch ein Schuß. Der Kerl hatte sich am Zeitschriftenregal abreagiert. Konfetti verteilte sich hinter den Gitterstäben und segelte hinter dem Panzerglas zu Boden wie in einer Schneekugel, die mit dem Namen einer weltweiten Sehenswürdigkeit beschriftet war: Qu's Liq. Ich fahr dann mal nach Hause, kündigte Kuna an. Ich denke, mit drei Pullen komme ich über die Feiertage ... Das wollte ich dir raten, nickte Pete und hob Daumen und Zeigefinger an seinen Hut. Das wollte ich dir raten.