mein Vormittag in der Hölle

Ein Brunnen in Form der Svastika, sicherlich als Glücksbringer gedacht, vielleicht ein Überbleibsel. Der Spender des Nassen wird umrahmt von einem U-förmigen Bau, der seiner Proportionen und reduzierter Formensprache nach auch noch aus der Feder des Albert Speer hätte stammen können. Krankenhaus in der Großstadt. Vorplatz. Rechts säumen zwei mit Raucherecke beschriftete Büdchen den Weg wie Bushaltestellen des Todes.

Gegenüber auf der anderen Straßenseite eine Erweckungskirche, ansonsten mit Beton bebautes Ödland. Die Formensprache hier soll … irgendwas, das man nicht versteht, und das im Luftzug, Nieselregen, Moder, Teerpappe, Edelstahl und klimatechnischen Todsünden untergegangen ist. Blätter fallen von den Bäumen. Herbst. Schauerlich eine Gruppe Bronzeplastiken auf dem Rasen. Man schämt sich, als einer der schwachsinnigen Zeitgenossen gelten zu müssen, falls spätere Jahrhunderte die einfältigen Kunstwerke aus dem Boden schürfen und unsere Zeit an sich als Urheber derselben vermuten.

Irgendwo grasen Gänse und schitten die Sandwege zu, auf dem nassen Kopfstein legt sich ein Radfahrer lang. Trauriges Bild für die Wachmannschaften aus vergitterten Einrichtungen für Unesco, kirgisisches Botschaftspersonal oder Postbankvorstand rundum. Keine Ahnung, wer da hinter Stacheldraht alles residiert oder vegetiert, bis er herüber in die Klinik geschafft wird.

In der Klinik geht die Aufzugstüre auf. Dahinter ein länglicher Dürrer mit Atemschutz und Papierhandschuhen und dem verängstigten Blick eines in kontaminierter Umgebung eingesperrten Tieres. Am besten, Sie bleiben draußen - sagt er. ich zucke zurück zum Gang, er legt nach: … wenn Sie krank sind. Unweigerlich fällt mir beim Schließen der Türen die Trübnis unseres Daseins auf die Füße. Bing! Gut, dass ich nicht krank bin.

Im Untergrund ist die Cafeteria und mit ihr eine dort eingesperrte kassierende Küchenkraft. Ihren Arbeitsplatz kann nur lieben, wer vorher im Knast tätig war. Sie lächelt freundlich und lobt mein Marihuana-T-Shirt. Der Instinkt, sie zu befreien, wächst ins Übermächtige. Aber es ist wie mit den Singvögeln auf einem chinesischen Wochenmarkt. Man kann nicht so viele kaufen, wie es Netze gibt, um Nachschub zu fangen.

Der Senf läuft von der Wurst, der Kaffee aus dem Pappbecher. Im Fernsehen läuft stumm die Schlammschlacht zwischen Trump und Clinton. Hillary wirkt wie eine Fahrkartenkontrolleurin, ihr Gegner wie die Penner, die man abends im Depot aus den Zügen holen muss. Man erwartet, dass ihm beim Griff zur Pulle sein Toupet vom Kopf rutscht. Das Gespräch in etwa auf dem Niveau: Sie müssen aussteigen, Sir - Fotze - Hier ist Endstation, Sir, Sie müssen aussteigen - Fotze - Der Zug fährt nicht weiter, Sir - Fotze.

Wer von beiden gewinnen wird, hängt wohl von der Jahreszeit ab. Möglicherweise geht auch der Strom aus, und wenn er wieder eingeschaltet wird, geht alles ohne Unterbrechung weiter. Was in Las Vegas passiert, sollte in Vegas bleiben. Hätten sie den Spruch mal vorher … aber gut. Im öffentlichen Nahverkehr draußen - ist das das wirkliche Leben? - dem nahezu solchen, veranstaltet eine ältere Dame mit ihrem Gebiss Dinge, die sich anhören, als setze sie im Mund Legosteine zu komplexen Figuren zusammen, um sie danach gleich wieder zu zerbeißen.

Es regnet noch immer. Und der Hakenkreuzbrunnen sprudelt fröhlich weiter, als wir schon wieder weg sind. Gibt Orte, die man meiden sollte wie die Pest. Die chinesische Ärztin kann sich das sicher nicht aussuchen. Oder doch? Drei Euro Parkgebühr. Ich beschließe, nie krank zu werden. Sollte ich jemals selbst krank sein - sagen wir Mandelentzündung, Eiterpickel oder Ohrensausen - möchte ich ohne Obduktion und Organhandel unverzüglich eingeäschert werden. Rechtsgültige Patientenverfügung.