goldig
Zehn goldene (Gesprächs-)Regeln, um einen Menschen in wenigen Gesprächen fertig zu machen
1) Hören Sie grundsätzlich nicht zu, wenn ihr Gegenüber spricht! Fragen Sie auch dann, wenn Sie ihn verstanden haben, grundsätzlich mindestens einmal nach: Was? Wie? Ich habe dich nicht verstanden. Was hast du gesagt? Du nuschelst manchmal …
2) Sehen Sie Ihren Gesprächspartner nicht an. Beachten Sie ihn nicht, wenn er spricht! Überlegen Sie sich, wenn er beginnt zu sprechen, ob Sie ihn nicht mit einer Belanglosigkeit unterbrechen können: Ach, Mensch, ich habe vergessen, Salz zu kaufen! Oh, tut mir Leid, was hast du gerade gesagt?
3) Zweifeln Sie grundsätzlich alles an, was Ihr Gesprächspartner sagt! Selbst wenn die Aussage unbezweifelbar wahr ist, vermeiden Sie jegliche Bestätigung. Sie können dann noch mit einer Einschränkung kontern: Das gilt aber nicht für jeden so. Oder Sie bezweifeln einfach die offenkundigsten Dinge, nur bekräftigen Sie nie ihren Gesprächspartner.
4) Legen Sie Ihrem Gesprächspartner zweifelhafte Aussagen in den Mund, die sich irgendwie mit seinen Aussagen verknüpfen lassen und widerlegen Sie diese dann umständlich, ohne sich unterbrechen zu lassen. Sagt er beispielsweise, eine Straftat sei häufig nur im sozialen Kontext zu verstehen, dann wenden Sie sofort ein, man könne so pauschal alle Täter nicht entlasten, indem man ihnen eine schlechte Kindheit nachsagt. Beginnen Sie dann, Beispiele aufzuzählen, die Ihre These stützen, als würde sie vom Sprecher selbst angezweifelt. Benutzen Sie dabei Phrasen, die den Sprecher in Misskredit bringen: Du kannst aber wirklich nicht behaupten, dass … Solche Unterstellungen gehen schon auf die Propaganda der Nazis zurück … Es ist unfair, Menschen solche Dinge nachzusagen … Ich wäre mit solchen Behauptungen äußerst vorsichtig.
5) Gehen Sie nie auf einen interessanten Gedanken Ihres Gesprächspartners ein. Beginnen Sie stattdessen einen neuen Gesprächsfaden, der ganz weit von seinem Thema entfernt ist. Übrigens ist am Folkwang-Theater die Decke marode.
6) Versuchen Sie um jeden Preis, den Gesprächspartner bei jeder Gelegenheit zu belehren. Sagt er beispielsweise Europäer denken immer noch kolonialistisch. Antworten Sie: Das trifft auf die Afrikaner genauso zu, es gibt übrigens viel mehr Afrikaner, die eine Fremdsprache beherrschen, als Europäer, die afrikanische Sprachen beherrschen. Die Briten haben ja in den Kolonialzeiten … das hat ja schon Coetzee so herrlich beschrieben … hast du Schande gelesen? Wirklich nicht? Du hast Coetzee nicht gelesen?
7) Reden Sie schlecht hinter dem Rücken Ihres Gesprächspartners über ihn. Wenn mehrere Zuhörer anwesend sind, dann lassen Sie, wenn er zur Toilette geht, einen Satz fallen wie: Na, er hat ja manchmal seltsame Vorstellungen. Er ist ganz nett, aber er redet viel Unsinn.
8) Husten Sie, wenn Ihr Gesprächspartner spricht. Trinken und Essen Sie laut. Bestellen Sie sich ein Glas Wein oder beschweren sich über den vorigen. Tippen Sie auf Ihr Telefon ein. Zählen Sie Geldmünzen. Betrachten Sie Bilder an der Wand. Beschäftigen Sie sich mit Interessanterem als dem, was Ihnen gerade berichtet wird. Der Klassiker vom Korken im Wein ist immer wieder brauchbar.
9) Kontern Sie jede Geschichte, jeden Ausspruch, jeden Witz, jede Bemerkung mit einer anderen, die das Gesagte mindestens übertrifft - auch dann, wenn diese nicht in den thematischen Zusammenhang passt. Serrano ist ja vielleicht ein edler Schinken, wenn man rohes Fleisch mag, aber wenn du mal was richtig leckeres essen willst, dann …
10) Wenn nichts hilft, reißen Sie über die Aussagen Ihres Gesprächspartners dumme Possen und legen sie ihm in den Mund. Anschließend rufen Sie ihn mit einer Bemerkung wie … Jetzt aber mal ernsthaft … zur Ordnung.
Wenn Sie sich an diese Regeln halten und eine möglichst große Personengruppe dazu bewegen können, bei diesem Verfahren mitzuwirken (es geschieht meist von selbst, wenn Sie nur energisch genug vorlegen), dann wird Ihr Gesprächspartner einsilbiger werden, verstummen, schließlich vereinsamen und sozial, dann gesundheitlich verkümmern. Sie konstatieren dies dann mit der Bemerkung: Er war schon immer ein Sonderling.
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