Bubbles
Bubblesort ist keine Comicserie. Es ist ein Verfahren, um Dinge zu sortieren. Dinge, um genau zu sein, die eine natürliche Ordnung haben oder eine solche grundsätzlich haben könnten. Bücher zum Beispiel kann man sortieren. Nach Alphabet. Oder nach der Länge ihrer Titel. Nach Autor, Erscheinungstermin, Seitenzahl oder Gewicht. Ein Sortierverfahren ist also Bubblesort. Ein anderes wäre dann Würfeln. Ein drittes vielleicht Intuition. Erfolgreich wird Bubblesort dadurch, dass es selbst der dümmste Bibliothekar hinbekommt. Selbst Obama soll in seinem Wahlkampf Scherze über Bubblesort angestellt haben. Und das bei Google.
Es ist ganz einfach: Man stellt die Bücher erst mal ins Regal und dann geht man sie von Anfang an durch, vergleicht das erste mit dem zweiten, das zweite mit dem dritten, das dritte mit dem vierten nach dem gegebenen Kriterium und tauscht aus, wenn die Reihenfolge noch nicht stimmt. Albert Einstein kommt vor Barak Obama, also tauschen. Die Bücher blubbern also allmählich durch den Sumpf, bis sie irgendwo im Morast an ihrer zugewiesenen Stelle stecken bleiben. Im Weißen Haus zum Beispiel. Oder der Congress Library.
Ein anderes Verfahren wäre Multisort, ein weiteres wie gesagt Würfeln (Wettervorhersage) und so weiter. Alle Verfahren sind Algorithmen. Algorithmen beleben unseren Straßenverkehr. Sie flüstern uns ein, wohin wir fahren sollen. Sie nennen uns Preise und kürzeste Strecken, aber sie tun auch Dinge, die weniger nützlich sind, jedenfalls für uns. Sie spionieren. Und sie verhindern Spionage. Oder tun so als ob. Algorithmen chiffrieren. Vor allem sich selbst. Denn wenn man versucht, in dieses Teilgebiet der Mathematik einzudringen, dann erlebt man den Sprachgau. Man lernt eine Fremdsprache in der Fremdsprache.
Gut, dafür ist die Mathematik ja bekannt. Aber in diesem finsteren Teilbereich ist es besonders algorithmisch. Man braucht einen Algorithmus, um Algorithmen zu verstehen. Den Algorithmus, Sprache als Instrument zur Instrumentalisierung zu entschlüsseln. Denn die Mathematiker, die an Algorithmen arbeiten, drücken sich in Formulierungen aus wie: dieses Problem ist NP schwer. Was eine Aussage ist über die Komplexität einer Aussage, die man selbst noch gar nicht formulieren kann. Zum Beispiel die Lösung der Frage, ob eine gewaltige Zahl prim ist oder ganzzahlig teilbar.
Es ist wirklich phänomenal, welchen kometenhaften Aufstieg mathematische Teilbereiche hingelegt haben, die im Grunde nichts anderes tun, als ihre eigene Imkompetenz zur Problemlösung zu messen. Chaostheorie ist so ein Fall. Jetzt könnte man meinen, es wäre der Wurm drin, aber bei aller Unberechenbarkeit ist das eine doch am frappierendsten, dass die Berechenbarkeit der Unberechenbarkeit Geld einbringt. Wer zum Beispiel definitiv sagen kann, dass ein Börsernkurs sicher nicht berechenbar ist oder sicher in dieser und jener Zeit mit diesen und jenen Parametern berechenbar, braucht nicht mehr zu spekulieren. Er ist schon automatisch reich. Desgleichen die, die vorhersagen können, wie stark man verschlüsseln muss, damit die NSA nicht mitliest.
Ein bisschen ist das ganze so, als züchte man Klempner, die kein Rohr mehr flicken können aber definitiv voraussagen, wie lange das Rohr sicher nicht hält. Stelle ich mir gerade vor, wie Supermario antanzt und den Abfluss begutachtet: Dieses Problem ist mindestens NP-schwer. Macht neunundzwanzig Dollar plus Anfahrt, Material und Spesen. Nicht die Reparatur, die Voraussage.
Biegen Sie jetzt links ab und fahren Sie zehn Tausend Kilometer geradeaus. Problem Handlungsreisender. Sie müssen siebzehn Pizzen zu unterschiedlichen Adressen liefern und sollten möglichst mit noch heißen Fladen an der letzten Lieferstelle ankommen. Problem SAT: nehmen Sie Weißwein zum Fisch und dann ein zum Weißwein passendes Gericht hinterher und Rotwein zum Käse und alles für Marios Spesen? Oder wählen sie für ihre Spesen Huhn mit Schampus, dazu passend Eis mit Trüffeln? Oder lassen Sie es ganz?
Sebastian Stiller sagt im Untertitel zu seinem Buch darüber: Versteht Sie, bevor sie euch verstehen! Würde sagen, dieser Aufforderung nachzukommen, ist mindestens NP-schwer hoch sieben.
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