keine Vorurteile über Rassisten
Verbrechen muss sich wieder auszahlen, sagt der Konservative. Stockkonservativ ist praktisch schon chauvinistisch, und das alles wird rassistisch, wenn das Prügeln losgeht. Terrorismus ist nahezu Anarchie, und religiöse Motive sind das diametrale Gegenstück zum russischen Betonkopf - mit gleichen Folgen. Gewalt.
An der Siegener Uni wird über die Erfindung des Rassismus diskutiert und somit auch ein bisschen über den Wortwert des Sache. Was ist überhaupt ein Rassist? Rassismus? Ist das eine Entdeckung, Erfindung oder ein politisches Instrument? Ein sozio-medizinischer Gesamtzustand?
Im Ursprung des Wortes liegt ja zunächst einmal nur die krankhafte Abgrenzung eines sozialen Gebildes gegenüber anderen sozialen Gebilden begründet. Wenn man A sagt (zu einer Gruppe), kann man auch B sagen (die Anderen). Mittel zur Ausgrenzung (Pogrom, Vertreibung, Krieg, Terror, Gewalt) = C, sind in der Milchmädchenrechnung noch nicht enthalten.
Tatsächlich sind die Konsequenzen, die wir in Formulierungen wie "ein rassistischer Hintergrund wird ausgeschlossen" fixieren, affektiv: so wie Pflasterstein noch nicht Platzwunde heißt.
Rassismus ist sicher nichts Gutes. Aber so gesehen ist auch nichts Gutes noch steigerbar durch Hinzufügen vom guten, alten Vorurteil. Anarchie zum Beispiel ist so ein mit Vorurteilen hoffnungslos überladenes Wort, dessen Ursprung nun eigentlich kaum einen werterfüllten Politzustand enthält. Herrschaftslosigkeit war sicher dem Absolutismus ein Übel und der Voraufklärungszeit im absolutistischen kirchlichen Denken. Als Totem für Verlust der demokratischen Werte hält das Wort an sich nicht her. Ist ein Hund ein Anarchist, weil er sich nicht sagen lässt, gegen welche Bäume pinkeln?
Wie viel wir schon mit der ersten Schlagzeile an Vorurteilen auf Sachstände projizieren, ist uns häufig selbst nicht klar. Und auch nicht, wohin diese sprachliche Weichenstellung letztendlich führt. Wer von einem 'fairen Kampf' spricht, muss damit rechnen, dass 'Mein Kampf' dabei heraus kommt. So kurz sind leider im Gehirn die Wege von Irrtum zu Irrtum.
Und so harmlos sehen sie aus.
Ehrenmord. An der Sprache. Humanitäre Katastrophe. Mit Waffengewalt verhindern. Oder herbeiführen? Die Rechtspfleger der deutschen Sprache beschäftigen sich ausgiebig mit der Frage, wo ein Komma hingehört, und das scharfe S ist sicher auch eine Wohltat gegenüber dem humanitär-katastrophal ausgeweideten Doppel-S, wenn denn in Großbuchstaben. Und gerade da - in der Headline - wo nur noch initial geschrieben und gedacht wird, kapital und Kapitälchen, fehlte es schon immer an Sensibilität.
Was also ist ein Rassist?
Rassisten sind wahrscheinlich in erster Linie die Feiglinge, die sich nicht zu einem hemmungslosen Egoismus bekennen können, weil sie ganz ohne Andere denn doch nicht über die Runden kommen. Aber Schläger sind einfach Schläger. Ihre 'Wertvorstellungen' sind austauschbar. Rassisten sind heutzutage möglicherweise die Weichenwärter, die auf ein großes Missverständnis hoffen, um ihren Vorstellungen Taten folgen zu lassen.
Warum muss man auf einen, der anders ist, draufhauen? WEIL er anders ist? Und wenn man so denkt, wer ist dann anders? Ganz sicher der, der so denkt. Denn die Andersartigkeit des Anderen ist aus Allgemeinsicht die Andersartigkeit des Einen. Ist es nicht geradezu widersinnig, Menschen, die man angeblich an ihrer Andersartigkeit sofort erkennt, mit einem gelben Stern zu stigmatisieren und sich selbst, um zu der Gruppe zu gehören, die angeblich ohnehin als zugehörig erkannt werden kann, in Uniformen zu quetschen? Um dann einen Vorwand zu erfinden, unter dem zwischen A und B legitimer Krieg ausbrechen kann?
Was ist Rassismus? Schizophrenie im kollektiven Verstand. Möglicherweise gibt es Heilung, wenn man den Rassisten seinen Rassismus definieren lässt. Dann entheben wir uns auch von der Notwendigkeit, gleich Steine aufzuheben, wenn jemand solche Worte durch die Straßen brüllt.
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